Zucker: Kohlenhydrate liefern Energie zur Gehirnentwicklung Ihres Kindes!

Kohlenhydrate sind anders als Eiweiß oder Fett für den Körper ein bedeutender Energiespender. Rein mengenmäßig machen Kohlenhydrate sowohl von ihrem Energiegehalt, wie auch der Nahrungsmenge den größten Anteil der Nahrung aus. Es wird empfohlen, 55-60 Prozent des Energiebedarfes in Form von Kohlenhydraten zu decken.
Der Körper benötigt sie teilweise zur Bildung von bestimmten Schleimen und Eiweißverbindungen.

Bei Babys und Kleinkindern werden diese vor allem zur Bildung des Gehirns benötigt. Die meisten aufgenommenen Kohlenhydrate verbrennen aber zu Energie.
Der häufigste Zucker ist die Glucose, die auch als Traubenzucker bekannt. Sie ist Bestandteil der beiden bedeutendsten Kohlenhydrate Stärke und Cellulose und kommt in Früchten, vor allem bei Trauben oder als Bestandteil des Rübenzuckers vor.

Der zweite wichtige Zucker ist die Fructose oder Fruchtzucker.

Sie kommt ebenfalls in Früchten vor, ist der zweite Bestandteil des Rübenzuckers und wird von einigen Pflanzen auch als Speicher in Form des Kohlenhydrates Inulin eingesetzt.

Der letzte wichtige Zucker ist die Galactose. Galactose kommt nicht frei in größeren Mengen in der Natur vor. Sie ist jedoch ein wichtiger Bestandteil vieler pflanzliche Schleimstoffe und des Milchzuckers.

Unterschiede zwischen den Kohlenhydraten gibt es zum einen durch die Anzahl der verbundenen Zucker - nur wenige verbundene Zucker schmecken noch süß und lösen sich in Wasser auf - und der chemischen Bindung.

Für die Energiegewinnung ist es nicht wichtig, ob die Nahrung aus einfachen Zuckern wie Glucose, Fructose, Rübenzucker (Saccharose) oder Milchzucker (Lactose) oder dem kettenförmigen langen Molekülen von Stärke und Glykogen besteht. Bei einfachen Zuckern besteht das Risiko, dass Bakterien sie im Mund sehr schnell zu Säuren abbauen können, die wiederum Karies verursachen.

Zudem bewirken die einfachen Zucker ein schnelles Ansteigen des Glucosegehaltes im Blut. Nach der Aufnahme in die Zellen sinkt der Spiegel schnell, was für den menschlichen Körper ein Hungersignal auslöst. Daher sättigen Zucker nicht.

Einige Organe sind auf Glucose als Energielieferant angewiesen. Bei einer kohlenhydratarmen Diät müssen daher Fette und Eiweißstoffe zu Glucose umgebaut werden, dabei entstehen Abbauprodukte - die sogenannten Ketone. Diese sind Abfallprodukte und teilweise toxisch. Von Diäten, die keinerlei Kohlenhydrate enthalten, ist daher abzuraten.

Um den Traubenzucker, die Glucose ranken sich viele Märchen. Glucose ist das einzige Kohlenhydrat, welches das Gehirn schnell aufnehmen kann. In der Vergangenheit wurde es daher als "Denkhilfe" propagiert. Mancher Hersteller tut dies auch heute noch. Doch normaler Rübenzucker wie er in allen Bonbons und Süßigkeiten vorkommt, wird fast genauso schnell gespalten und die Glucose freigsetzt. Dazu kommt, dass der Körper den Blutglucosespiegel konstant halten will, das heißt aufgenommene Glucose in die Leber gelangt, wo sie zu Glycogen umgewandelt wird und umgekehrt beim Absinken des Spiegels wieder Glucose freigsetzt wird.

Es hat übrigens noch niemand beweisen können, dass das Gehirn beim Nachdenken signifikant mehr Energie benötigt.

Die vom Körper zur Energiegewinnung verwandten Kohlenhydrate kommen hauptsächlich in zucker- und stärkehaltigen Nahrungsmitteln vor. Die Muskulatur kann deren Baustein Glukose mittels Sauerstoff verbrennen und freiwerdende Energie nutzen oder speichern. Die Leber spielt eine Hauptrolle in der Bereitstellung des verwertbaren Zuckers. Dies geschieht durch Umwandlung der verschiedenen Zucker in Glukose und anschließend in Glykogen.

Der Einfachzucker Glukose steht für die sofortige Energiegewinnung bereit, während der Mehrfachzucker Glykogen als Vorrat gespeichert wird. Da Zuckermangel Schäden an den Gehirnzellen hervorruft, muss ein bestimmter Blutzuckerspiegel präzise aufrechterhalten werden. Um dies zu ermöglichen, wird Zucker in Form von Glykogen gespeichert, damit bei plötzlichen Zuckermangel, wie bei größten Anstrengungen oder Hungern, ein Vorrat bereitsteht. Ähnlich der Zuckerfreisetzung aus Glykogen bei erniedrigtem Blutzuckerspiegel, wird Zucker bei erhöhtem Blutzuckerspiegel unter Hormoneinwirkung zu Glykogen und zu Fett aufgebaut und gespeichert.

< Barbara Franzlik

Zu viel Süßes für Kinder?

Die Stiftung Kindergesundheit warnt: Zu viel Zucker macht Kinder dick, Erwachsene krank und Senioren zahnlos.
 
Das waren noch Zeiten: „Zucker zaubert - Ihre Linie bleibt so schlank wie eine Pinie", versprach die Werbung der Süßwarenproduzenten in den 60-er Jahren. Die Behauptung hat sich längst als „Fake-News" entpuppt, stellt die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme fest. Zucker in Süßigkeiten, Süßgetränken und Lebensmitteln macht in Wahrheit dick, fördert die Entstehung von Diabetes und schadet den Zähnen.

„Mit der hohen Zuckerzufuhr in Deutschland haben wir bei Kindern wie Erwachsenen ein Riesenproblem", erläutert Professor Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte, der von Haunerschen Kinderklinik der LMU München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Die nachweislichen Folgen eines hohen Zuckerverzehrs sind Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Karies. Dicke Kinder laufen Gefahr, später an Zivilisationskrankheiten wie hohem Blutdruck, Herz- und Kreislaufleiden und Gicht zu erkranken".
 
Diese Zusammenhänge sind seit langem durch viele Studien wissenschaftlich bestätigt und durch neue Studien untermauert. Als Beispiel verweist die Stiftung Kindergesundheit auf zwei aktuell publizierte Untersuchungen:
 
1. Was passiert im Körper eines Kindes, wenn es mal eine Weile auf Zucker verzichtet? Diese Frage untersuchten kalifornische Wissenschaftler bei 41 adipösen Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 9 und 19 Jahren, die täglich mehr als 50 Gramm Zucker in Form von Fruktose zu sich nahmen. Die Versuchspersonen erhielten neun Tage lang Mahlzeiten mit dem gleichen Gehalt an Kalorien und Nährstoffen wie zuvor, jedoch mit einer Ausnahme: Die Nahrung enthielt Stärke statt Zucker. Gemessen wurden die durch Umwandlung von Zucker in Fett entstandenen Fettwerte in der Leber, im Bauchfett und in der Haut sowie die Menge des ausgeschütteten Insulins im Blut.
 
Das Ergebnis am zehnten Tag nach Beginn der Studie war eindeutig: Die Werte an Leberfett sanken von 7,8 Prozent auf 3,8 Prozent, das Bauchfett nahm von 123 cm3 auf 110 cm3 ab und auch die Insulinausschüttung wurde deutlich verringert, während beim Subkutanfett keine signifikanten Veränderungen gemessen wurden. Das Körpergewicht der Teilnehmer sank durchschnittlich um 0,9 Kilogramm. Und dies schon nach nur neun Tagen!
 
Fazit von Prof. Dr. Jean-Marc Schwarz und seinen Kollegen von der Universität Kalifornien in San Francisco: „Diese Ergebnisse unterstützen die Bemühungen, den Zuckerverbrauch zu senken" (Schwarz J-M, et al.: „Effects of Dietary Fructose Restriction on Liver Fat, De Novo Lipogenesis, and Insulin Kinetics in Children with Obesity", Gastroenterology (2017), doi: 10.1053/j.gastro.2017.05.043).
 
2. Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Biotechnology Research and Information Network AG (BRAIN AG) werteten Daten zum Vorkommen von Karies, Zahnfleischentzündungen (Parodontitis) und Zahnverlust, entsprechende Behandlungskosten und Krankheitslasten sowie zum Zuckerverbrauch in 168 Ländern für das Jahr 2010 aus. Daraus errechneten sie den Anteil an den Gesamtkosten durch übermäßigen Zuckerkonsum. „Die Daten zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Zucker und dem Vorkommen von Karies, Parodontitis und als Folge Zahnverlust", so Studienerstautor Dr. Toni Meier. „Pro Mehrverzehr von 25 Gramm Zucker pro Person und Tag - was ungefähr acht Zuckerwürfeln oder einem Glas gesüßter Limonade entspricht - steigen die Zahnbehandlungskosten in Ländern mit hohen Einkommen im Durchschnitt um 75 Euro pro Person und Jahr an."
 
Die Behandlungskosten in Deutschland belaufen sich auf jährlich 210 Euro pro Person. Durch eine Verringerung des Zuckerkonsums auf die von der WHO empfohlene Menge ließen sich in Deutschland Kosten in Höhe von zwölf Milliarden Euro einsparen (Meier, T., et al.: (2017): „Global Burden of Sugar-Related Dental Diseases in 168 Countries and Corresponding Health Care Costs". Journal of Dental Research (in press) DOI: 10.1177/0022034517708315).
 
898 Millionen Euro für die süße Werbung
Die schädlichen Folgen des überhöhten Zuckerkonsums werden von der Zuckerlobby allerdings hartnäckig bestritten, stellt die Stiftung Kindergesundheit fest. Die Zuckerverbände vertreten wie eh und je unverdrossen die Meinung, dass zwischen Zucker und Übergewicht und Karies kein direkter Zusammenhang besteht und treiben den Zuckerverbrauch durch Werbung weiter in die Höhe. Allein die deutschen Hersteller von Süßwaren machten innerhalb eines Jahres insgesamt über 898 Millionen Euro für mediale Kommunikation locker. 15 Prozent mehr als im Vorjahr und das meiste wurde für die Fernsehwerbung ausgegeben (Werbemarktanalyse Süßwaren 2017).
 
Auch das an Kinder gerichtete Marketing im Internet nimmt zu: Nach einer vom AOK-Bundesverband finanzierten Studie der Universität Hamburg beinhalten über 60 Prozent der Lebensmittelwebseiten mindestens ein Element, das sich eindeutig dem Kindermarketing zuordnen lässt. Die Folge: Kinder sind jedes Jahr allein im Internet zwischen 2.700 und 7.800 Marketingmaßnahmen der Lebensmittelindustrie ausgesetzt. Pro Tag kommen Kinder zwischen acht und 22 Mal mit Online-Werbeaktivitäten von Lebensmittelherstellern in Kontakt. Besonders oft geht es dabei um Lebensmittel, die sehr süß, salzig oder fetthaltig sind und Übergewicht begünstigen, hieß es dazu jüngst auf dem vom AOK-Bundesverband initiierten „Zuckerreduktionsgipfel" in Berlin.
 
WHO: Sechs Teelöffel Zucker am Tag sind genug!
Die Folgen der Dauerpropaganda für Süßes: Die Ausgaben für Süßwaren stiegen in Deutschland um 1,7 Prozent und beliefen sich auf 97,90 Euro pro Kopf. Jeder Deutsche, vom Baby bis zum Greis verbrauchte im letzten Jahr 32,71 Kilogramm Süßwaren, 1,2 Kilogramm mehr als im Vorjahr. Die Menge entspricht etwa 22 Teelöffeln pro Tag. Zum Vergleich: Laut Weltgesundheitsorganisation sollte die Tagesmenge bei Erwachsenen zwölf, bei Kindern sechs Teelöffel nicht übersteigen.
 
Süßwaren, Limonaden und Knabberartikel sollten nicht mehr als etwa zehn Prozent des täglichen Energiebedarfes beitragen, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Professor Koletzko nennt ein Beispiel: „Für ein vier- bis sechsjähriges Kind liefern eine Kugel Eiscreme und zwei Butterkekse bereits zehn Prozent des täglichen Energiebedarfs."
 
Besondere Vorsicht gilt bei mit Zucker gesüßten Getränken und süßen Fruchtsäften. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Erfrischungsgetränken (insgesamt) betrug in Deutschland 2016 nach Industrieangaben 116,3 Liter. Den größten Posten machten Cola- und Cola-Mischgetränke sowie Limonaden aus mit 78,2 Liter pro Kopf im Jahr. Viele Studien belegen indes einen engen Zusammenhang zwischen dem regelmäßigen Konsum derartiger Getränke und der weltweiten Zunahme des Übergewichts. Professor Berthold Koletzko: „Mit Zucker gesüßte Getränke fluten den Organismus ungebremst und schnell mit überzähligen Kalorien und können so die Energiebilanz aus dem Gleichgewicht bringen. Flüssige Kalorien wirken außerdem weniger sättigend als feste Nahrung. Und durch den raschen Blutzuckeranstieg stimulieren sie die Bildung des Hormons Insulin und damit die Fettablagerung im Körper".
 
Das gelte nicht nur für Softdrinks wie Cola und Limonaden, sondern auch für die in Deutschland besonders beliebten Fruchtsäfte (Pro-Kopf-Verbrauch 2016: 33 Liter): „Säuglinge und Kleinkinder sollten Fruchtsaft so zurückhaltend trinken wie Erwachsene Champagner. Saft ist kein alltägliches Lebensmittel, sondern vielmehr etwas, das zu besonderen Anlässen genossen werden darf", so der Münchner Kinder- und Jugendarzt. Die Stiftung Kindergesundheit betont: Als Getränke für Kinder wirklich gut geeignet sind nur Leitungswasser, Mineralwasser, ungesüßte Kräuter- und Früchtetees oder Fruchtsaftschorle (zwei Drittel Wasser). Gezuckerte Fruchtsaftgetränke und Limonaden, einschließlich Cola-Getränke und Eistees, sollten nur gelegentlich getrunken werden.
 
In den Kindergärten, in denen das von der Stiftung Kindergesundheit mitentwickelte Programm TigerKids eingesetzt wird, bekommen die Kinder vor allem Wasser oder kalorienarme Getränke angeboten. „Am Ende schmeckt dem Menschen das, was er regelmäßig konsumiert", so Professor Koletzko. „Innerhalb von einer Woche fordern die Kinder auch von ihren Eltern zuhause Wasser als Getränk."

Mäßigung statt Verbote
„Süßes schmeckt gut, keine Frage", räumt Professor Koletzko ein. „Kinder kennen den Geschmack schon aus der Muttermilch oder aus der Babynahrung und lieben ihn deshalb. Kein vernünftiger Mensch käme deshalb auf den Gedanken, den Kindern alles Süße zu verbieten". Die Stiftung Kindergesundheit plädiert stattdessen dafür, in den Familien von Anfang an feste Regeln im Umgang mit Süßigkeiten aufzustellen und so dem Kind zu helfen, sein eigenes Maß zu finden.
 
Wie findet man aber den richtigen Weg? Die folgenden Empfehlungen der Stiftung Kindergesundheit können jungen Eltern dabei helfen:
 
O Benutzen Sie Süßigkeiten niemals als Belohnung, Druckmittel oder Strafe. Dann bleiben Süßigkeiten lediglich wohlschmeckende Nahrungsmittel und bekommen keinen übertriebenen Gefühlswert.
 
O Süßigkeiten werden nach Möglichkeit nur einmal am Tag, zu den Mahlzeiten gegessen. Anschließend werden die Zähne geputzt.
 
O Auch Großeltern und Tanten, Verwandte und Bekannte sollten die häuslichen Regeln zum Umgang mit Süßigkeiten kennen.
 
O Legen Sie keine süßen Vorräte an: Was nicht im Haus ist, kann auch nicht gegessen werden. Gegen Süßhunger sind Obst und Karotten eine probate Hilfe.
 
O Lassen Sie keine Süßigkeiten offen herumstehen. So schützen Sie sich selbst und ihre Kinder davor, aus Langeweile oder Gedankenlosigkeit ohne besonderen Appetit Bonbons, Gummibärchen, Schokolade oder Kekse zu essen.
 
O Erklären Sie ihrem Kind so früh wie möglich, dass süße Sachen nicht gut für die Zähne sind. Gewöhnen Sie es möglichst daran, die Zähne zu putzen, sich den Mund auszuspülen oder einen Apfel zu essen, nachdem es Bonbons gelutscht hat.
 
O Nach dem abendlichen Zähneputzen darf nichts mehr gegessen werden. Späte „Betthupferl" nagen an den Zähnen.
 
O Halten Sie sich selbst an die Regeln – wer ständig nascht, kann kein Vorbild sein.
 
Die Stiftung Kindergesundheit unterstützt die Forderung, alle verarbeiteten Lebensmittel durch ein für alle Bevölkerungsgruppen verständliches Ampelsystem zu kennzeichnen, das den Gehalt an Zucker, Fett, Salz und Energie (Kalorien) auf einen Blick erkennen lässt.
 

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Vielen Dank! 
 
Stiftung Kindergesundheit
Giulia Roggenkamp
c/o Dr. von Haunersches Kinderspital, Lindwurmstr. 4,
80337 München
Deutschland

+49 89 4400 57768 Die Stiftung Kindergesundheit warnt: Zu viel Zucker macht Kinder dick, Erwachsene krank und Senioren zahnlos
 
Das waren noch Zeiten: „Zucker zaubert - Ihre Linie bleibt so schlank wie eine Pinie", versprach die Werbung der Süßwarenproduzenten in den 60-er Jahren. Die Behauptung hat sich längst als „fake news" entpuppt, stellt die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme fest: Zucker in Süßigkeiten, Süßgetränken und Lebensmitteln macht in Wahrheit dick, fördert die Entstehung von Diabetes und schadet den Zähnen.

„Mit der hohen Zuckerzufuhr in Deutschland haben wir bei Kindern wie Erwachsenen ein Riesenproblem", erläutert Professor Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der von Haunerschen Kinderklinik der LMU München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Die nachweislichen Folgen eines hohen Zuckerverzehrs sind Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Karies. Dicke Kinder laufen Gefahr, später an Zivilisationskrankheiten wie hohem Blutdruck, Herz- und Kreislaufleiden und Gicht zu erkranken".
 
Diese Zusammenhänge sind seit langem durch viele Studien wissenschaftlich bestätigt und durch neue Studien untermauert. Als Beispiel verweist die Stiftung Kindergesundheit auf zwei aktuell publizierte Untersuchungen:
 
1. Was passiert im Körper eines Kindes, wenn es mal eine Weile auf Zucker verzichtet? Diese Frage untersuchten kalifornische Wissenschaftler bei 41 adipösen Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 9 und 19 Jahren, die täglich mehr als 50 Gramm Zucker in Form von Fruktose zu sich nahmen. Die Versuchspersonen erhielten neun Tage lang Mahlzeiten mit dem gleichen Gehalt an Kalorien und Nährstoffen wie zuvor, jedoch mit einer Ausnahme: Die Nahrung enthielt Stärke statt Zucker. Gemessen wurden die durch Umwandlung von Zucker in Fett entstandenen Fettwerte in der Leber, im Bauchfett und in der Haut, sowie die Menge des ausgeschütteten Insulins im Blut.
 
Das Ergebnis am zehnten Tag nach Beginn der Studie war eindeutig: Die Werte an Leberfett sanken von 7,8 Prozent auf 3,8 Prozent, das Bauchfett nahm von 123 cm3 auf 110 cm3 ab und auch die Insulinausschüttung wurde deutlich verringert, während beim Subkutanfett keine signifikanten Veränderungen gemessen wurden. Das Körpergewicht der Teilnehmer sank durchschnittlich um 0,9 Kilogramm. Und dies schon nach nur neun Tagen!
 
Fazit von Prof. Dr. Jean-Marc Schwarz und seinen Kollegen von der Universität Kalifornien in San Francisco: „Diese Ergebnisse unterstützen die Bemühungen, den Zuckerverbrauch zu senken" (Schwarz J-M, et al.: „Effects of Dietary Fructose Restriction on Liver Fat, De Novo Lipogenesis, and Insulin Kinetics in Children with Obesity", Gastroenterology (2017), doi: 10.1053/j.gastro.2017.05.043).
 
2. Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Biotechnology Research and Information Network AG (BRAIN AG) werteten Daten zum Vorkommen von Karies, Zahnfleischentzündungen (Parodontitis) und Zahnverlust, entsprechende Behandlungskosten und Krankheitslasten sowie zum Zuckerverbrauch in 168 Ländern für das Jahr 2010 aus. Daraus errechneten sie den Anteil an den Gesamtkosten durch übermäßigen Zuckerkonsum. „Die Daten zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Zucker und dem Vorkommen von Karies, Parodontitis und als Folge Zahnverlust", so Studienerstautor Dr. Toni Meier. „Pro Mehrverzehr von 25 Gramm Zucker pro Person und Tag - was ungefähr acht Zuckerwürfeln oder einem Glas gesüßter Limonade entspricht - steigen die Zahnbehandlungskosten in Ländern mit hohen Einkommen im Durchschnitt um 75 Euro pro Person und Jahr an."
 
Die Behandlungskosten in Deutschland belaufen sich auf jährlich 210 Euro pro Person. Durch eine Verringerung des Zuckerkonsums auf die von der WHO empfohlene Menge ließen sich in Deutschland Kosten in Höhe von zwölf Milliarden Euro einsparen (Meier, T., et al.: (2017): „Global Burden of Sugar-Related Dental Diseases in 168 Countries and Corresponding Health Care Costs". Journal of Dental Research (in press) DOI: 10.1177/0022034517708315).
 
898 Millionen Euro für die süße Werbung
Die schädlichen Folgen des überhöhten Zuckerkonsums werden von der Zuckerlobby allerdings hartnäckig bestritten, stellt die Stiftung Kindergesundheit fest. Die Zuckerverbände vertreten wie eh und je unverdrossen die Meinung, dass zwischen Zucker und Übergewicht und Karies kein direkter Zusammenhang besteht und treiben den Zuckerverbrauch durch Werbung weiter in die Höhe. Allein die deutschen Hersteller von Süßwaren machten innerhalb eines Jahres insgesamt über 898 Millionen Euro für mediale Kommunikation locker, 15 Prozent mehr als im Vorjahr, das meiste für die Fernsehwerbung (Werbemarktanalyse Süßwaren 2017).
 
Auch das an Kinder gerichtete Marketing im Internet nimmt zu: Nach einer vom AOK-Bundesverband finanzierten Studie der Universität Hamburg beinhalten über 60 Prozent der Lebensmittelwebseiten mindestens ein Element, das sich eindeutig dem Kindermarketing zuordnen lässt. Die Folge: Kinder sind jedes Jahr allein im Internet zwischen 2.700 und 7.800 Marketingmaßnahmen der Lebensmittelindustrie ausgesetzt. Pro Tag kommen Kinder zwischen acht und 22 Mal mit Online-Werbeaktivitäten von Lebensmittelherstellern in Kontakt. Besonders oft geht es dabei um Lebensmittel, die sehr süß, salzig oder fetthaltig sind und Übergewicht begünstigen, hieß es dazu jüngst auf dem vom AOK-Bundesverband initiierten „Zuckerreduktionsgipfel" in Berlin.
 
WHO: Sechs Teelöffel Zucker am Tag sind genug!
Die Folgen der Dauerpropaganda für Süßes: Die Ausgaben für Süßwaren stiegen in Deutschland um 1,7 Prozent und beliefen sich auf 97,90 Euro pro Kopf. Jeder Deutsche, vom Baby bis zum Greis verbrauchte im letzten Jahr 32,71 Kilogramm Süßwaren, 1,2 Kilogramm mehr als im Vorjahr. Die Menge entspricht etwa 22 Teelöffeln pro Tag. Zum Vergleich: Laut Weltgesundheitsorganisation sollte die Tagesmenge bei Erwachsenen zwölf, bei Kindern sechs Teelöffel nicht übersteigen.
 
Süßwaren, Limonaden und Knabberartikel sollten nicht mehr als etwa zehn Prozent des täglichen Energiebedarfes beitragen, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Professor Koletzko nennt ein Beispiel: „Für ein vier- bis sechsjähriges Kind liefern eine Kugel Eiscreme und zwei Butterkekse bereits zehn Prozent des täglichen Energiebedarfs."
 
Besondere Vorsicht gilt bei mit Zucker gesüßten Getränken und süßen Fruchtsäften. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Erfrischungsgetränken (insgesamt) betrug in Deutschland 2016 nach Industrieangaben 116,3 Liter. Den größten Posten machten Cola- und Cola-Mischgetränke sowie Limonaden aus mit 78,2 Liter pro Kopf im Jahr. Viele Studien belegen indes einen engen Zusammenhang zwischen dem regelmäßigen Konsum derartiger Getränke und der weltweiten Zunahme des Übergewichts. Professor Berthold Koletzko: „Mit Zucker gesüßte Getränke fluten den Organismus ungebremst und schnell mit überzähligen Kalorien und können so die Energiebilanz aus dem Gleichgewicht bringen. Flüssige Kalorien wirken außerdem weniger sättigend als feste Nahrung. Und durch den raschen Blutzuckeranstieg stimulieren sie die Bildung des Hormons Insulin und damit die Fettablagerung im Körper".
 
Das gelte nicht nur für Softdrinks wie Cola und Limonaden, sondern auch für die in Deutschland besonders beliebten Fruchtsäfte (Pro-Kopf-Verbrauch 2016: 33 Liter): „Säuglinge und Kleinkinder sollten Fruchtsaft so zurückhaltend trinken wie Erwachsene Champagner. Saft ist kein alltägliches Lebensmittel, sondern vielmehr etwas, das zu besonderen Anlässen genossen werden darf", so der Münchner Kinder- und Jugendarzt. Die Stiftung Kindergesundheit betont: Als Getränke für Kinder wirklich gut geeignet sind nur Leitungswasser, Mineralwasser, ungesüßte Kräuter- und Früchtetees oder Fruchtsaftschorle (zwei Drittel Wasser). Gezuckerte Fruchtsaftgetränke und Limonaden, einschließlich Cola-Getränke und Eistees, sollten nur gelegentlich getrunken werden.
 
In den Kindergärten, in denen das von der Stiftung Kindergesundheit mitentwickelte Programm TigerKids eingesetzt wird, bekommen die Kinder vor allem Wasser oder kalorienarme Getränke angeboten. „Am Ende schmeckt dem Menschen das, was er regelmäßig konsumiert", so Professor Koletzko. „Innerhalb von einer Woche fordern die Kinder auch von ihren Eltern zuhause Wasser als Getränk."

Mäßigung statt Verbote
„Süßes schmeckt gut, keine Frage", räumt Professor Koletzko ein. „Kinder kennen den Geschmack schon aus der Muttermilch oder aus der Babynahrung und lieben ihn deshalb. Kein vernünftiger Mensch käme deshalb auf den Gedanken, den Kindern alles Süße zu verbieten". Die Stiftung Kindergesundheit plädiert stattdessen dafür, in den Familien von Anfang an feste Regeln im Umgang mit Süßigkeiten aufzustellen und so dem Kind zu helfen, sein eigenes Maß zu finden.
 
Wie findet man aber den richtigen Weg? Die folgenden Empfehlungen der Stiftung Kindergesundheit können jungen Eltern dabei helfen:
 
O Benutzen Sie Süßigkeiten niemals als Belohnung, Druckmittel oder Strafe. Dann bleiben Süßigkeiten lediglich wohlschmeckende Nahrungsmittel und bekommen keinen übertriebenen Gefühlswert.
 
O Süßigkeiten werden nach Möglichkeit nur einmal am Tag, zu den Mahlzeiten gegessen. Anschließend werden die Zähne geputzt.
 
O Auch Großeltern und Tanten, Verwandte und Bekannte sollten die häuslichen Regeln zum Umgang mit Süßigkeiten kennen.
 
O Legen Sie keine süßen Vorräte an: Was nicht im Haus ist, kann auch nicht gegessen werden. Gegen Süßhunger sind Obst und Karotten eine probate Hilfe.
 
O Lassen Sie keine Süßigkeiten offen herumstehen. So schützen Sie sich selbst und ihre Kinder davor, aus Langeweile oder Gedankenlosigkeit ohne besonderen Appetit Bonbons, Gummibärchen, Schokolade oder Kekse zu essen.
 
O Erklären Sie ihrem Kind so früh wie möglich, dass süße Sachen nicht gut für die Zähne sind. Gewöhnen Sie es möglichst daran, die Zähne zu putzen, sich den Mund auszuspülen oder einen Apfel zu essen, nachdem es Bonbons gelutscht hat.
 
O Nach dem abendlichen Zähneputzen darf nichts mehr gegessen werden. Späte „Betthupferl" nagen an den Zähnen.
 
O Halten Sie sich selbst an die Regeln – wer ständig nascht, kann kein Vorbild sein.
 
Die Stiftung Kindergesundheit unterstützt die Forderung, alle verarbeiteten Lebensmittel durch ein für alle Bevölkerungsgruppen verständliches Ampelsystem zu kennzeichnen, das den Gehalt an Zucker, Fett, Salz und Energie (Kalorien) auf einen Blick erkennen lässt.
 

Unabhängige und wissenschaftlich basierte Berichterstattung braucht Förderer: Fördern auch Sie die Gesundheit unserer Kinder durch Ihre Spende, die in vollerHöhe den Projekten der Stiftung Kindergesundheit zugute kommt.

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